Das Marienbild

Maria ist in Dreiviertelfigur dargestellt Sie sitzt im Freien vor einer Steinbrüstung. Der Himmel ist als Goldgrund gestaltet. Ein Nimbus umfängt ihren Kopf. Sie liest in einem Buch. Mit der linken Hand hält sie den Christusknaben auf ihrem Schoß. Seine rechte Hand hat er zum Segensgestus erhoben. Goldgrund, Haltung und Physiognomie Mariens weisen nach Oberitalien als Entstehungsort.

Das Gemälde dürfte im Umkreis der venezianischen Malerfamilie Vivarini entstanden sein, die im 15. Jahrhundert tätig war und in Venedig vornehmlich Altarbilder schuf. Es zeigt eine große Nähe zu Werken von Bartolomeo Vivarini (um 1432 – nach 1491). Das Gemälde erwarb vermutlich Christoph Wirsung (1500-1571), der von 1514 bis 1520 in Venedig seine Ausbildung zum Arzt und Apotheker absolvierte. Von 1521 bis 1562 führte er in Augsburg die Marienapotheke.

Oberitalien, wohl Venedig, um 1500
© Kunstsammlungen und Museen Augsburg, Inv. Nr. 2019/261. Geschenk der Familie Ziegenspeck / Breiner

Die Marienapotheke – Augsburgs erste Apotheke

Augsburgs erste Apotheker waren Patrizier, die ihr Vermögen im Fernhandel verdienten. Erstmals wird 1283 ein „Liutfrid der Appentecker“ urkundlich genannt. Ihm folgte sein Bruder Johann, der auch Stadtpfleger, Diplomat und Verwalter der Stadtherberge war. Nach ihnen führten die Patrizier Friedrich (gest. 1358) und Claus Hofmair (gest. 1427) die Apotheke. Anhand der Steuerbücher im Stadtarchiv kann sie im heutigen Apothekergäßchen bei St. Moritz verortet und ihr Standort mit der späteren „Marienapotheke“ bestimmt werden.

Ihren Namen hatte sie seit dem späten 16. Jahrhundert nach dem Renaissancegemälde der Muttergottes mit dem Kinde. Daher hieß sie auch „Apotheke zum Marienbilde“. Sie gehörte zu den vier Hauptapotheken der Reichsstadt. Im Laufe ihres mehr als 700jährigen Bestehens wurde sie von bedeutenden Pharmazeuten geführt. Einer der letzten war Dr. Hermann Ziegenspeck (1891-1959), der auch als Botaniker einen hervorragenden Ruf hatte. Die Marienapotheke schloss 1989. Die Nachfahren Dr. Ziegenspecks, die Familie Ziegenspeck / Breiner, schenkten 2019 den Augsburger Kunstsammlungen das Marienbild.

Wachssiegel

Das Siegel des ersten Augsburger Apothekers Liutfrid von einer 1302 datierten Urkunde zeigt mit Mörser und Pistill das für einen Apotheker typische Arbeitsgerät. Foto: Staatsarchiv Augsburg

Grabstein

Der Grabstein des vierten Augsburger Apothekers, Claus Hofmair (gest. 1427), in der Moritzkirche dokumentiert dessen Wohlstand und Ansehen. Foto: Pfarrarchiv St. Moritz

Marienapotheke
vor dem Krieg

Die historische Aufnahme aus der Zeit um 1900 zeigt die an der Ecke Maximilianstraße – Apothekergäßchen gelegene Marienapotheke. Foto: Pfarrarchiv St. Moritz

Marienapotheke
um 1950

Nach dem Zweiten Weltkrieg durch Brand zerstört, wurde das Eckhaus mit der Marienapotheke um 1950 neu aufgebaut. Foto: Stadtarchiv Augsburg

Innenansicht der
Marienapotheke
mit dem Marienbild

In der Raummitte steht der Zubereitungstisch mit Mörser und Waage. An der Wand dahinter mit zwei großen Fenstern hängt oben das Marienbild in einem prächtigen Rahmen. Maria trägt hier ein weißes Kopftuch. Diese Übermalung wurde später entfernt. Unter dem Bild befindet sich ein Wandbrunnen mit der Jahreszahl MDCX für 1610. Die Wände sind bis unter die Decke mit Regalen ausgestattet, die Apothekengefäße aus Holz, Glas und Keramik enthalten. Unten befinden sich ringsum Schubkästen.

Links steht der Verkaufstisch, mit dem alten Apotheker und seinem jungen Lehrknaben dahinter. Auf dem Tisch liegen ein Schreibpult mit Schreibzeug, zwei Rezeptbücher und Glasflakons. Bei dem Apotheker dürfte es sich um den damaligen Betreiber Johannes Biermann handeln, dem die Marienapotheke von 1769 bis 1813 gehörte. Fast 200 Jahre lang, von 1640 bis 1835 befand sich die Marienapotheke im Besitz der Familie Biermann.   

Adolph Occo III.
(1524–1606)

Dominicus Custos (Kupferstecher, 1560-1612)
Kupferstich, 15 x 11 cm, Augsburg, 1594
Augsburg, Kunstsammlungen und Museen, G 9479

Der aus einer angesehenen Augsburger Ärztefamilie stammende Humanist und Gelehrte hatte in Tübingen, Padua und Ferrara Medizin studiert. In Augsburg widmete er sich der praktischen Medizin. 1573 besorgte Occo III. deren zweite Auflage des berühmten Augsburger Arzneimittelbuchs, der sog. „Pharmacopoeia Augustana“. Ab 1582 war er als erster Vikar des neu gegründeten „Collegium Medicum Augustanum“, das eine der frühesten Medizinalbehörden Deutschlands war. Er war damit für die Apothekenvisitationen zuständig.

MAXIMILIANMUSEUM
Fuggerplatz 1
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